GESCHLECHT. SELBST. BESTIMMT. Menschenrechtskonforme Behandlung Trans-/Intersexualität Stuttgarter Erklärung

#1 von gerd , 18.07.2017 11:00

GESCHLECHT.
SELBST.
BESTIMMT.
Menschenrechtskonforme Behandlung Trans-/Intersexualität
Stuttgarter Erklärung



ALTERNATIVE BEHANDLUNGSEMPFEHLUNGEN BEI GESCHLECHTLICHEN NORMVARIATIONEN

Vorwort

Am 24.01.2015 – 25.01.2015 traf sich eine Gruppe von Ärzten, Psychotherapeuten, Menschenrechtlern und betroffenen Menschen im Zentrum Weißenburg in Stuttgart um folgende Erklärung („Stuttgarter Erklärung“) zu verfassen.


Weltweit zeichnet sich ein menschenrechtlicher Trend ab, Menschen mit so genannten „geschlechtlichen Normabweichungen”, wie transsexuelle und intersexuelle Menschen, in ihrem eigentlichen Geschlecht, das vom standesamtlich eingetragenen abweichen kann, auch rechtlich anzuerkennen. Dänemark folgte als erstes Land in Europa dem Vorbild Argentiniens, die rechtliche Anerkennung nicht mehr von medizinischen Bedingungen abhängig zu machen. Auch das Bundesverfassungsgericht in Deutschland hatte 2011 Teile des “Transsexuellengesetzes” als nicht verfassungskonform erachtet, in denen körperliche Voraussetzungen für die Änderung des Personenstandes vorgeschrieben wurden.

Die medizinisch- therapeutische Versorgung von Menschen mit so genannten „geschlechtlichen Normabweichungen” hat auf diesen Trend zu reagieren. Die heutige medizinisch- therapeutische Behandlung und Begleitung, die seit den 70er-Jahren von der Idee einer “Gender Dysphorie” ausgeht, lässt Menschenrechtsaspekte zu kurz kommen und verwischt die Unterschiede von Sex und Gender. Menschen mit so genannten „geschlechtlichen Normabweichungen” brauchen jedoch eine medizinische Behandlung, die ohne geschlechtliche Deutung auskommt und in der sie in ihrem eigenen Geschlecht von Anfang an respektiert werden. Wenn diese Menschen medizinische oder psychotherapeutische Maßnahmen wünschen, brauchen sie eine gesundheitliche Versorgung und Diagnostik, die diesen Umstand berücksichtigt.

Aber auch jetzt schon können wir uns für eine Medizin stark machen, die ohne Gender-Deutung auskommt und sich auf das konzentriert, worum eigentlich gehen sollte: Menschen zu helfen und ihnen die Behandlung zukommen zu lassen, die sie benötigen.

Eine medizinische Behandlung, die transsexuellen, intersexuellen und allen von geschlechtlichen Normen abweichenden Menschen hilft, und das Wohl des Einzelnen in den Vordergrund stellt, ist möglich.

Mit der vorliegenden Erklärung wollen wir ethische und menschenrechtliche Aspekte des respektvollen Umgangs im Bereich der Medizin, Psychotherapie, Beratung und Begleitung mit transsexuellen, intersexuellen und allen von geschlechtlichen Normen abweichenden Menschen aufzeigen und erklären, was möglich und notwendig ist, um sinnvolle Hilfe und Unterstützung, sowie respektvollen Umgang miteinander möglich zu machen.


Grußwort zur „Stuttgarter Erklärung“
von Eberhard Schultz


Die Aktion Transsexualität und Menschenrecht hat mit der „Stuttgarter Erklärung: Medizin und Therapie ohne Genderdeutung“ ein wichtiges gesellschaftliches Thema in vorbildlicher Weise aufgegriffen. Ein Thema, das immer noch in weiten Teilen der Bevölkerung ein Buch mit sieben Siegeln darstellt und auch in der medialen Öffentlichkeit weitgehend tabuisiert wird – ähnlich wie früher die Homosexualität, die nach langen Auseinandersetzungen auf dem Weg zu öffentlicher Wahrnehmung und Anerkennung ist. Dabei betrifft die Gleichstellung aller Menschen den Kern unseres Selbstverständnisses einer lebenswerten inklusiven Demokratie, für die die freie Entfaltung des selbstbestimmten Individuums Ziel und Richtschnur sein sollte.

Die WHO (Weltgesundheitsorganisation) hat schon unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg in ihrer Verfassung von 1946 festgestellt, dass es ein grundlegendes Recht eines jeden Menschen auf den bestmöglichen Gesundheitszustand gibt: „Der Besitz des bestmöglichen Gesundheitszustandes bildet eines der Grundrechte jedes menschlichen Wesens, ohne Unterschied der Rasse, der Religion, der politischen Anschauung und der wirtschaftlichen oder sozialen Stellung.“[a]

Gesundheit definiert die WHO so: „Die Gesundheit ist ein Zustand des vollständigen körperlichen, geistigen und sozialen Wohlergehens und nicht nur das Fehlen von Krankheit oder Gebrechen.“[b]

Dieses Konzept von Gesundheit als vollkommenes Wohlergehen ist zwar im Einzelnen umstritten, aber inzwischen durch die Allgemeine Menschenrechtserklärung von 1948 und weitere Abkommen präzisiert worden. Danach umfasst das Recht auf Gesundheit zunächst die Freiheit, über die eigene Gesundheit und den eigenen Körper selbst zu bestimmen und frei von Eingriffen in den eigenen Körper zu bleiben.
Wir hoffen, dass die „Stuttgarter Erklärung“ mit dazu beiträgt, den Autonomieanspruch für einen wichtigen Teil der Gesellschaft im Sinne der Betroffenen voranzutreiben und praktisch umzusetzen. Gerade Deutschland wurde von internationalen Institutionen wiederholt auf diesem Gebiet kritisiert, unter anderem vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte und dem Europarat wegen der immer noch nicht abgeschafften Zwangsoperationen von intersexuellen Menschen.

In den Schattenberichten[c] zur Umsetzung der WSK-Rechte[d] in Deutschland wurde die Praxis ebenfalls kritisiert. In dem letzten Bericht des CECSR (Committee on Economic, Social and Cultural Rights (UN)[e]) wird gerügt, dass trans- und intersexuelle Menschen oft assoziiert werden mit psychisch kranken Menschen und staatliche Politik und Gesetzgebung zu Verletzungen der geschlechtlichen und reproduktiven Gesundheitsrechte[f] führen.

Es bleibt also viel zu tun, wie die Stuttgarter Erklärung ja in einleuchtender und produktiver Weise darstellt.

Die Eberhard-Schultz-Stiftung setzt sich für die Umsetzung der sozialen Menschenrechte und Partizipation in Deutschland ein, zu denen auch das Menschenrecht auf Gesundheit gehört, und hat sich zur Aufgabe gesetzt, das Bewusstsein und die Voraussetzungen dafür zu schaffen. Deshalb unterstützen wir die „Stuttgarter Erklärung“.

In diesem Sinne wünsche ich der „Stuttgarter Erklärung“ eine weite Verbreitung und eine weitreichende Unterstützung und Wirkung um ein notwendiges Umdenken anzustoßen und das Ziel eines umfassenderen Verständnisses von Gesundheit voranzubringen.

Eberhard Schultz (Eberhard-Schultz-Stiftung)

(Anm.:
[a] Quelle: https://www.admin.ch/opc/de/classified-c...000/0.810.1.pdf
[b] ebd.
[c] Schattenberichte: Berichte von Nichtregierungsorganisationen (NGOs) zur Einhaltung des UN-Sozialpaktes, die quasi „der Schatten” des Berichtes der Bundesregierung sind (der die Lage meist beschönigt).
[d] WSK-Rechte = wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, bezogen auf das internationale Übereinkommen über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (auch: UN-Sozialpakt), engl.: ICESCR (International Covenant on Economic, Social and Cultural Rights)
[e] Komitee der Vereinten Nationen zur Kontrolle der Einhaltung des UN-Sozialpaktes
[f] Hier wird bezogen auf „sexual and reproductive health and rights“ (SRHR))

Stuttgarter Erklärung Downloaden

Hier kannst du die STUTTGARTER ERKLÄRUNG mitzeichnen

 
gerd
Beiträge: 720
Punkte: 7.126
Registriert am: 24.06.2012

zuletzt bearbeitet 18.07.2017 | Top

   

Benjamin Melzer - Transgender-Mann und Covermodel bei Men's Health. Foto & Video
Die Diskriminierungsstelle des Bundes diskriminiert schon wieder

  • Ähnliche Themen
    Antworten
    Zugriffe
    Letzter Beitrag
wong Reddit linksilo edelight folkd Linkarena del.icio.us Digg Diigo facebook twitter_en Yahoo socialdust scoopeo

 Mit einem Feed-Reader abonnieren

Set your default search engine On your computer, open Chrome.

Forums-Kino !! Hier klicken !!
Xobor Forum Software ©Xobor.de | Forum erstellen
Datenschutz